Sommerzeit ist Entwicklungszeit – Aber warum?

Während des Studiums ist jedes Projekt noch eine nie dagewesene Herausforderung. Bei jeder Aufgabenstellung erforscht man die Möglichkeiten des Grafikdesigns, probiert unbekannte Ansätze aus und erfindet sich neu. Fast könnte man glauben es würde nach der Uni genauso weitergehen. Viel Zeit für Recherche und offene Kundentüren für außergewöhnliche Ideen. Nach nun drei Jahren im Berufsleben musste ich feststellen, dass es so nicht (immer) zugeht. Zeit die Initiative selbst zu ergreifen und von 12. Juli bis 11. September 2011 zwei Monate lang dort zu verbringen, wo mich die Neugierde hinführt.

Immer das Gleiche?

Im Dezember 2010 überfiel mich mitten im tiefsten Arbeitseifer ein seltsames Gefühl von Eintönigkeit. Irgendwie hatte ich plötzlich den Eindruck mich in meinen Vorgehensweisen schon seit längerem im Kreis zu drehen. Über die letzten Jahre haben ich ein paar gute Strategien entwickelt, die im Arbeitsalltag oft (gewollt oder ungewollt) ihren Einsatz finden. Schließlich muss es meistens schnell gehen und diese Methoden funktionieren auch gut. Doch ist das irgendwann noch spannend für mich?

Von den Vorgehensweisen abgesehen wurde mir auch auf einmal klar, dass ich großteils an Corporate-Design-Projekten arbeite. Ich liebe es Logos und alles was dazu gehört zu gestalten, aber irgendwann fiel mir auf, dass andere Grafikdesign-Projekte eher ausblieben. Das liegt natürlich daran, dass ich im Gestalten von Corporate Designs bereits erfahren bin und deshalb immer wieder solche Aufträge bekomme. Aber was kann ich denn außerdem noch? Irgendwann schmeckt einem auch die Leibspeise nicht mehr, wenn man sie jeden Tag genießt.

Und da wurde mir klar, dass ich etwas machen muss, um nicht in Zukunft wirklich die Lust an dem zu verlieren, was ich ja eigentlich total gerne mache. Dass ich etwas machen muss, um meine Fähigkeiten und Methodik zu erweitern und für mich wieder mehr Spannung in das Thema zu bringen.

Selbstverwirklichung bei Kundenprojekten?

Während der Uni könnte man fast glauben, dass man als Grafikdesigner bei jedem Job alle Freiheit hat und dafür bezahlt wird, sich selbst zu verwirklichen. Es geht aber nicht um einen selbst, sondern um den Kunden und dessen Wünsche und Ziele. Ein schöner Satz zum Thema Designer als Dienstleister, der mir von der Typo Berlin 2011 im Gedächtnis blieb, stammt aus dem Vortrag von Markus Hanzer.

Der Kunde möchte ja auch nicht, dass sich der Friseur an seinem Kopf verwirklicht.

Das ist natürlich verständlich. Aber der gute Friseur sollte auch nicht einfach nur hirnlos Befehle befolgen, sondern den Kunden mit seinem Fachwissen beraten, was zu ihm passt. Auch wenn der Friseur gerne mal eine neue Technik ausprobieren will, möchte der Kunde vielleicht nicht, dass das bei ihm passiert und er den Versuch dann auch bezahlt. Wenn der Friseur aber etwas Neues anbietet, das er schon erprobt hat, vielleicht möchte es der Kunde dann auch wagen.

Auf zu neuen Grenzen

Das letzte Projekt, bei dem ich ich mit vielen meiner Fähigkeiten Neuland betrat, waren die Hochzeitseinladungen von Heidelinde und Florian. Ich setzte mich wieder mehr mit Lettering auseinander, um das Monogramm zu zeichnen, schrieb das Märchen, beschäftige mich mit Illustration, lernte Buchbinden und vertiefte meine Kenntnisse in der Bildbearbeitung für die Portfoliofotos. Von diesem Projekt konnte ich unglaublich viel mitnehmen, weil ich das machen konnte, worauf ich neugierig war. Da es ein Freundschaftsdienst für das Brautpaar war, zeigten sich diese für jeden Einsatz dankbar und wollten auch kaum Änderungen. Mittlerweile ist das nun aber auch schon bald anderthalb Jahre her.

Die Hochzeitseinladungen beim Druchblättern

Also ist es wieder Zeit für Neues. Zeit zum Ausprobieren und Entdecken nach meinen Spielregeln, um nachher im Arbeitsalltag wieder facettenreichere Methoden zur Verfügung zu haben. Wie dieser Wunsch zustande kam, ist glaub ich jetzt klar. Ich kann mir vorstellen, dass es einigen Kollegen aus der Branche ähnlich geht, deshalb möchte ich im nächsten Blog-Eintrag zu diesem Thema ein bisschen über die Rahmenbedingungen dafür schreiben.


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  1. Ich habe deine Zeilen nur überflogen, aber der Satz „Was ich vorher in Filmen für kitschig und banal hielt wurde…

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