Wie ist es einen Talk zum ersten Mal zu halten und wie startet man als Vortragender auf größeren Events? Das erfährst du in diesem Artikel. Ebenso, wie ich die Hürde den Talk in Englisch auf einer internationalen Konferenz zu halten genommen habe, und welches Fazit ich nach einem Jahr als Speaker ziehe.
In Teil 1 habe ich in den ersten vier Schritten über das Entschlussfassen, die Themenwahl, das Finden einer Veranstaltung und die Vorbereitungen geschrieben. In beiden Teilen berichte ich von meinen persönlichen Erfahrungen als Designer, der einen Fachvortrag auf Tech-Events hält, wobei sich vieles verallgemeinern lässt. Damit die Web- und Design-Branche facettenreicher wird, hoffe ich, dass diese Artikel möglichst viele Menschen – auch dich – dazu motivieren selbst mit dem Vortragen zu beginnen.
5. Den Vortrag halten
Tag X ist gekommen, heute wird der Vortrag gehalten. Die Vorbereitungen waren lange und ausführlich, doch der Moment ist dann doch immer anders als erwartet. Bei mir stieg kurz davor noch die Unsicherheit zu ca. allem. Ist das Thema interessant genug? Ist alles verständlich? Habe ich dies und jenes wirklich richtig recherchiert? Kann ich das überhaupt? Vielleicht bilde ich mir das nur ein? Und so weiter. Doch zu diesem Zeitpunkt ist es ohnehin schon zu spät für Änderungen. Jetzt heißt es einfach machen, nach vorne gehen und … los.
Ist alles verständlich? Habe ich dies und jenes wirklich richtig recherchiert? Kann ich das überhaupt? Vielleicht bilde ich mir das nur ein?
Mein Puls hatte gefühlte tausend Schläge pro Sekunde, als ich beim webclerks meetup zum ersten Mal vor ca. 40 bis 50 Leuten auf der Bühne stand. Doch meine Sorgen waren grundlos, denn sobald das Ganze im Laufen war, ging es dahin wie am Schnürchen und machte mir richtig Spaß. Sehr wahrscheinlich habe ich bei ein paar Stellen etwas zu schnell geredet, bestimmt hätte ich manches besser machen können, doch alles in allem war es ein gelungener erster Talk.
Das Gefühl danach war einfach großartig: die Gespräche, das Echo auf Twitter, die Motivation mich noch mehr mit Web Typografie (dem Thema meines Vortrags) zu beschäftigen. Der erste Schritt war getan, jetzt wollte ich mehr damit machen.
6. Auf größeren Events sprechen
Zu größeren Events wechseln ist also der nächste logische Schritt und für viele Fachkonferenzen, vor allem im Bereich Web, werden meistens auch Vortragende gesucht. Call for Papers oder Call for Speakers heißt das Zauberwort und hier können sich oft auch Anfänger bewerben. Halte also einfach Ausschau nach passenden Events (wie z.B. auf dieser praktischen Sammelliste von Web Development Konferenzen 2018) und reiche deinen Talk dort ein. Meistens läuft das über GoogleForms und häufig sind es die selben Fragen.
Aber auch, wenn es keinen Call for Papers gibt, kannst du immer noch per E-Mail an Veranstalter herantreten, wenn du glaubst, dein Vortrag würde gut zum Event passen. Vielleicht gibt es ja noch einen freien Slot, der besetzt werden muss? Im schlimmsten Fall bekommst du eine Absage aber du hast es wenigstens versucht und bist schon für mögliche zukünftige Möglichkeiten in Kontakt getreten.
Es zahlt sich aus die Beschreibung des eigenen Talks gut vorzubereiten. Halte sie so kurz wie möglich und schreibe sie gleich fürs Publikum, sodass der Veranstalter sie direkt weiterverwenden kann. Worum geht es? Was wird man daraus mitnehmen können? Schreibe den Text motivierend und praxisbezogen. Was das Publikum begeistert, begeistert auch Veranstalter. Mehr Tipps dazu gibt es in diesem Blog-Artikel der CSSConf EU. Die Kurzbeschreibung zu meinem Talk You Can Save Web Typography sah so aus:
The web is written language – and it’s also a mess, because most sites don’t present text properly. Typography to the rescue! In this talk you will learn how to boost your next web project with good typography. Several examples and live demos will give you a basic understanding of type and how to apply it with CSS in responsive web design. It’s a talk for developers, designers and everyone in between. Together we can save the web’s typography – one paragraph at a time.
7. Oh dear! Einen Vortag in Englisch halten
Die Kehrseite der größeren Events ist, dass die Vorträge in Englisch gehalten werden müssen. Englisch war für mich eine große, vor allem emotionale Hürde. Ich selbst stufe mein Englisch-Niveau im oberen Durchschnitt ein (Netflix sei Dank). Reden klappt besser als schreiben und bei einigen Formulierungen, Präpositionen und Vokabeln bin ich mir unsicher. Im Vergleich zum Deutschen fehlen mir aber, wenn ich über Design rede, einfach die Worte. Und bisher gab es keinen Grund zur Sorge, doch dann wurde mein Vortag für die International PHP Conference 2017 in München angenommen und damit gab es Anlass nervös zu sein. Ich habe mich deshalb ziemlich genau darauf vorbereitet. Folgende Tipps kann ich dir dazu geben:
Es ist einfacher, wenn du den Vortrag direkt in Englisch schreibst anstatt ihn genau zu übersetzen. Konzentriere dich dabei auf den Inhalt (was willst du sagen?) anstatt alle Facetten einer möglichen deutschen Version übernehmen zu wollen.
Am besten du sprichst den Talk mehrmals in Englisch durch. Dabei fällt dir auf, wo du ins Stocken gerätst und wo dir die Worte fehlen. Such dir dann die fehlenden Formulierungen und Vokabeln heraus, schreib sie in die Foliennotizen und übe so lange, bis sie auswendig funktionieren. Häufig habe ich mir auf Leo auch die Aussprache angehört von Wörtern, bei denen ich mir unsicher war.
Übe den Talk im kleinen Rahmen, wie zum Beispiel vor Freunden oder bei einer anderen kleineren Veranstaltung. Ich habe mir ein passendes meetup ausgesucht, bei dem es sogar verpflichtend war Englisch zu reden und wo ich das ganze ausprobieren konnte. Wenn du es schon einmal gemacht hast, fällt es dir bei nächsten Mal leichter.
Falscher Perfektionismus hemmt dich nur, denn es ist viel wichtiger wie du redest und das Thema vermittelt, als, ob du perfekt und zu 100 % fehlerfrei sprichst. Und zur weiteren Beruhigung: trittst du in einem nicht englischsprachigen Land auf, werden im Publikum wahrscheinlich wenige bis keine Englisch Native Speaker sein. Dieses Publikum ist also sicherlich toleranter und unaufmerksamer, was Fehler betrifft. Auch die Auswahl an Vokabeln sollte in dem Fall nicht allzu fortgeschritten sein.
Die Hemmschwelle sinkt bald, bei mir schon nach dem zweiten englischen Talk und dann wird es fast schon wieder normal. Also einfach trauen, alles weitere ergibt sich und man kann immer alles besser machen.
Fazit
Was kann ich nach meinem ersten Jahr als Speaker für ein Resümee ziehen? Ich habe sechs Talks gehalten, davon fünf Mal meinen Web Typografie Vortrag. Diesen habe ich viermal auf meetups, einmal einem Bar-Camp und einmal auf einer Konferenz gehalten. Mein Jahresziel auf einer Konferenz zu sprechen habe ich also erreicht.
Abgesehen vom Spaß an der Sache war es eine erkenntnisreiche Zeit:
Die Talks gaben mir wieder einen Anlass mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Das hätte ich ohne diese sicherlich nicht so genau gemacht. Und wie ich schon an der Grafischen als Lehrender gemerkt habe, beginnt man gewisse Dinge erst wirklich zu verstehen, wenn man sie erklären muss. Ich sehe vieles jetzt im Kontext eines möglichen Vortrags und sammele nun bewusst Material für mögliche zukünftige Vorträge. Somit ist dies eine konstante Motivation für mich.
Ein weiterer großer Gewinn waren für mich die Kontakte und Bekanntschaften, die sich durch die Talks ergeben haben. Ich hatte zahlreiche interessante Gespräche, ebenso habe ich Leute für weitere Zusammenarbeit kennen gelernt. Toll ist, dass man nach einem Vortrag angesprochen wird und leichter ins Gespräch kommt. Zusätzlich profitiere ich von Sichtbarkeit innerhalb der Community, was eher ein Langzeiteffekt haben könnte.
Was ich noch gelernt habe ist, dass man sich nur als Speaker auf Konferenzen bewerben sollte, die einen selbst interessieren. Selten sind die Vorträge bezahlt (außer man ist schon eine wirkliche Größe in dem Bereich), Reisekosten, Unterkunft sowie Konferenzeintritt werden hingegen meistens übernommen. Ich habe meinen Vortrag bei recht vielen Konferenzen eingereicht, auch bei sehr technischen, von denen ich selbst kaum profitiere. Auf der PHP Conference in München, auf der ich dann schließlich den Talk hielt, war es zwar schön zu sein, doch auch sehr langweilig für mich, da ich praktisch nichts von all dem verstehe. Ab sofort achte ich also genau drauf, wo ich mich bewerbe.
Ich bin gespannt, welche Erfahrungen ihr gemacht habt oder ob euch dieser Artikel weiterhelfen konnte die nächsten Schritte zu gehen? Sagt es mir doch in den Kommentaren! Wer den ersten Teil noch nicht kennt, kann diesen hier nachlesen.
Schreibe einen Kommentar