Du bist Designerin oder Designer und möchtest ein Praktikum in der Agentur deiner Träume ergattern? Auch ich erhalte regelmäßig E-Mails mit Bewerbungen von denen ich etwa 95% direkt aussortieren kann, da sie wesentliche Dinge nicht beachten. Hier habe ich ein paar Tipps für dich, wie du dich abheben kannst und was du bei einem Bewerbungsgespräch beachten solltest.
Was macht eine gute Bewerbung aus?
Der erste Kontakt erfolgt am besten per E-Mail. Cold calling ist zwar möglich aber wenig zielführend, denn das Telefonat alleine ist in unserer sehr visuellen Branche keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. In deiner E-Mail solltest du also folgendes beachten:
Sei persönlich und zeige, dass du dich mit der Agentur und den Menschen dahinter auseinander gesetzt hast. Eine persönliche Begrüßung und vielleicht einen Kommentar zu einem Projekt, geben Menschen das Gefühl wahrgenommen zu werden und verleihen deiner Bewerbung eine größere Ernsthaftigkeit. Allgemeine Floskeln oder (noch schlimmer) zwanzig andere Agenturen in CC erzeugen vor allem das Gefühl, dass dir dein Gegenüber nicht wichtig ist, auch per E-Mail. Was mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ anfängt fliegt bei mir mit der Antwort ein „Sehr geehrte/r Bewerber/in“ sofort raus.
Schicke ein Portfolio mit. Zeig, was du kannst und was dich besonders interessiert. Eine Bewerbung ohne Portfolio ist in einem Job wo es um Gestaltung geht sinnlos (mehr zum Portfolio im nächsten Punkt).
Verzichte auf Zeugnisse. In unserer Branche sind Zeugnisse irrelevant. Was kümmert es mich, wie dich jemand in etwas von dem ich nicht weiß was es genau war, auf einer Skala von 1 bis 5 beurteilt hat? Was zählt sind dein persönliches Engagement und dein Portfolio. Und das kann nicht in einer Note ausgedrückt werden.
Erzähle, was du gerne lernen möchtest und was deine Erwartungen sind. Es hilft dich einzuschätzen und auch herauszufinden, ob eine Agentur dir diese Dinge bieten kann. Schließlich soll ein Praktikum für beide Seiten erfüllend sein.
Sag für welchen Zeitraum du dich bewirbst. Banal aber eine wichtige Rahmenbedingung an der es oft scheitern kann. Erwähne welche Zeiträume für dich möglich wären bzw. wo du flexibel bist.
Halte dich kurz. Natürlich kann man viel erzählen, aber gerade beim Erstkontakt per Mail sollte man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Je kürzer desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass deine Mail schneller beantwortet wird.
Wie muss ein überzeugendes Portfolio ausschauen?
Schicke ein digitales Portfolio vorab. Wir alle kleben an unseren Bildschirmen und deine Arbeiten fürs Web oder ein pdf-Portfolio aufzubereiten ist eine Fähigkeit, wir als Gestalter haben müssen. Denn schlecht präsentiert verliert auch das beste Design seine Wirkung.
Zeige das Spektrum deiner Möglichkeiten. Wähle möglichst verschiedene Arbeiten aus und von denen nur die besten. Vor allem jene von denen du gerne mehr machen möchtest. Zeige deutlich, wenn du z.B. gut illustrierst oder deine Leidenschaft User Interfaces oder Typografie gilt.
Achte auf die Größe von Attachements. Ein 20 MB großes pdf im Mail-Anhang macht keinen guten Eindruck. Es zeigt nur, dass du nicht mit Medien umgehen kannst. Wenn es wirklich so groß ist, schicke einen Download-Link z.B. auf Dropbox.
Es muss kein pdf sein. Das pdf hat zwar die Vorteile, dass man es ablegen kann und später darauf zurückgreifen, doch ich mache so etwas nicht. Ich schaue immer, ob es etwas Aktuelles gibt. Also wenn du eine eigenen Website hast, umso besser! Das zeigt, dass du auch hier Erfahrungen hast. Aber auch ein Link zu einem gut gepflegten Portfolio auf Behance oder ein auf deine grafischen Arbeiten fokussierter Instagram Account können funktionieren, wenn sie aussagekräftig sind.
Große Mappen sind out. Und umständlich dazu. Ich halte es für sinnlos, Dinge auszudrucken und aufzukaschieren, aus 70 × 100 cm Bögen. Aber es ist schon gut etwas gemeinsam am Tisch liegen zu haben, das man anfassen und besprechen kann. Vielleicht ist es ein Portfolio als Folder oder Broschüre. So etwas lässt sich günstig im Digitaldruck produzieren und du kannst es auch dort lassen. Bei Drucksorten von Corporate Designs sind Handproben wichtig. Digitale Projekten kann man am Tablet zeigen oder gemeinsam durchklicken, das entspricht besser dem Medium als ein aufkaschierter Screenshot.
Was ist das Wichtigste bei einem Bewerbungsgespräch?
Du hast es nun geschafft und einen Termin zu einem Bewerbungsgespräch bekommen. Nun gilt es den guten Eindruck, den du wahrscheinlich schon gemacht hast, zu verfestigen.
Sei du selbst. Mir ist es wichtig, dass Menschen sich so zeigen, wie sie sind. Es geht nicht darum in einer Bewebungs-Verkleidung aufzutreten. So etwas ist schnell durchschaut und es gibt eine Irritation, wenn man dann auf einmal anders daher kommt. Man sollte dabei natürlich Wert auf sein Äußeres legen, das aber authentisch.
Zeige Interesse. Sollte natürlich von selbst gehen, aber es macht immer einen guten Eindruck, wenn man sich mit den Themen und Projekten der Agentur bei der man sich vorstellt auseinandergesetzt hat und das auch zeigt. Und dabei hast du die Möglichkeit auch deine Leidenschaft und deine Motivation zu gewissen Themen zu zeigen.
Stelle Fragen. Was interessiert dich? Was möchtest du gerne lernen und welche Erwartungen hast du? Wo sind deine Stärken und wo siehst du Bereiche, in denen du dich gerne verbessern würdest? Im Wesentlichen eine Vertiefung der Dinge, die du vielleicht schon in der Mail ankligen hast lassen.
Was gibt schlussendlich den Ausschlag, ob jemand genommen wird, oder nicht?
Andere Designbüros haben sicherlich ihre eigenen Richtwerte, doch für mich sind diese zwei Kriterien am entschiedensten:
1. Potenzial und Engagement vor Können. Gewisse Grundfertigkeiten sind wichtig und absolut nötig, doch ich erwarte von Praktikantinnen und Praktikanten nicht, dass sie mit Software und Arbeitsprozessen bis ins Detail vertraut sind. Es geht eher darum, ob jemand zeigt, dass er Dinge herausfinden kann, selbständig, neugierig und leistungsorientiert ist. Oft lade ich Bewerbende auch zu einem Probetag ein, um im Detail zu sehen, wie jemand so tickt. Wesentlich ist es mir auch hier Fragen stellen, wenn z.B. das Briefing keinen Sinn macht oder etwas nicht funktioniert. Denn Dinge zu hinterfragen ist eine der wichtigsten Eigenschaften für gutes Design.
2. Der persönliche Eindruck zählt. Schlussendlich muss die Chemie stimmen, für beide. Man arbeitet schließlich zusammen und da zählt das Bauchgefühl. Ich nehme Leute in mein Team auf, die ich passend finde und das hängt neben deren Fähigkeiten vor allem von deren Persönlichkeit ab.
Und wenn es nicht klappt? Den Kopf nicht hängen lassen, frag doch nach woran es gelegen hat. Hartnäckigkeit zahlt sich meistens aus und du hast ja jetzt nichts mehr zu verlieren. Du kannst also nur noch dazu lernen, wie du es beim nächsten Mal besser machen kannst.
Ich hoffe diese Tipps sind hilfreich für dich und ermöglichen es dir den Praktikumsplatz zu finden, den du dir wünschst. Vor allem aber hoffe ich, dass dich meine Ratschläge zum Nachdenken gebracht haben und dazu motivieren auch diesen Prozess achtsam und bewusst anzugehen und nicht einfach blind Konventionen zu folgen.
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