Der erste Tag der Typo Berlin im für mich neuen Haus der Kulturen der Welt ist nun vergangen und es war ein wirklich toller Tag! Einige Enttäuschungen waren schon dabei, aber vorwiegend haben die großartige Atmosphäre und die engagierten Redner einen guten Eindruck hinterlassen.
Das Haus der Kulturen der Welt liegt mitten im Grünen. Mit der Buslinie 100 sind wir um 10.30 Uhr dort angekommen, haben uns angemeldet und die traditionellen Typo-Taschen bekommen, die dieses Jahr leider nicht so aufregend aussehen wie letztes. Der Veranstaltungsort ist riesig im Vergleich zum BBC am Alexanderplatz letztes Jahr und roch ein bisschen wie ein neues Auto in der Eingangshalle.
Eröffnet wurde die Typo von Jonathan Barnbrook, einem britischen Schriftentwerfer mit einer sehr unterhaltsamen und lebendigen Vortragsart. Er testete gleich am Anfang, ob man ihn durch die Dolmetscher auch wirklich verstand und begrüßte alle mit: „Hey motherfuckers! You’ve got small penises and fat asses!“
Der gute Kurt Weidemann war als nächster an der Reihe und nach seinem tollen Vortrag bei der TGA in Wien waren meine Erwartungen recht hoch. Wiedemann hatte seinen Vortrag leider schriftlich vorbereitet und las eigentlich alles nur so ab. Auch wenn es ab und an ganz interessant war, fehlte die von ihm gewohnte Lebendigkeit. Es war ein bisschen so, also wäre er halt einfach hier und ich hatte nicht das Gefühl als würde es ihm wirklich Spaß machen. Schade.
Die britische Fotografin Alison Jackson hielt dann um 16.00 Uhr ihren Vortrag „Der Schein trügt“ und stellte darin ihre Arbeiten mit Prominenten Look-A-Likes vor. Ihre Bilder waren provokant, regten zum Nachdenken an und auf jeden Fall unterhaltsam. Wie reagiert man, wenn man die Queen auf einmal am Klo sitzen sieht oder wie sie sich die Beine enthaaren lässt? Schlimm, dass ich zuvor noch nicht von ihr gehört hatte.
Nach der Kaffeepause genoss ich im kleineren Saal den herzlichen und anregenden Vortrag „Warum Image echte Werte braucht“ von Holger Schmidhuber und Rolf Mehnert von fuenfwerken. Danach ging’s gleich wieder rauf in die TYPOhall um etwas über das CD totalitäter Staaten des 20. Jahrhunderts zu erfahren. Steve Hellers breitete das spannende Thema bei dem er das faschistische Italien unter Mussolini, das Deutsche Reich unter Hitler, China unter Mao und die Soviet Union unter Lenin und Stalin beleuchtete.
Den Abschluss bildetet der Font Fight. Leider hielten sich nicht alle Teilnehmer an die Regeln ihre Lieblingsschrift vorzustellen und dann dafür zu agumentieren. Spiekermann war nicht wirklich vorbereitet (wenigstens hatte er eine Schrift gewählt: die Frutiger), Weidemann trug ausschließlich ein Gedicht in drei Strophen über die drei Runden hinweg vor, das am Anfang zwar lieb und lustig war aber dann am Ende etwas ermüdend wurde. So blieben nur noch Fidel Peugeot, der unterhaltsam für seine Lomo kämpfte und Alex Branczyk, der einfach für seine Gesamtwerke plädierte. Schließlich holte Alex dann auch durch unglaubliche unterhaltsame Hyperaktivität den verdienten Titel, nachdem er Kopf an Kopf mit Fidel lag und Spiekermann wirklich und Weidemann indirekt kapitulierten. Bruno Maag hat den Font Fight gekonnt moderiert und so war es trotz des Umgehens der Rahmenregeln sehr lustig und unterhaltsam.
Aber wie bereits erwähnt war nicht alles so super: der Tiefpunkt der Typo waren wie letztes Jahr die anscheinend (für mich auch unnachvollziehbaren Gründen) weiterhin gepushten Moderatoren Simone Wolf und vor allem Clemens Schedler. Schon letztes Jahr hat Schedler einfach nur genervt, dieses Jahr kommt es mir noch schlimmer vor. Mit miesem, vorhersehbaren Humor und schlicht irren Anmoderationen (bei Kurt Weidemann: ich hab geträumt der Tod und Otl Aicher schauen wen sie als nächstes in den Himmel holen für ein neues CD für Gott – nein Weidemann ist noch zu gut, der muss noch unten bleiben). Peinlich war dann einfach nur, als Schedler nach dem dürftigen Vortrag nicht einmal interessante Fragen an Weidemann zu stellen wusste und der nur auf seinen Platz fliehen wollte. Niemand mit dem ich gesprochen hatte mochte die Moderatoren in der TYPOhall. Es war einfach immer dieses peinliche Gefühl da ihnen zuzuhören. Und gerade bei einer Konferenz bei der es um Einfallsreichtum und tiefgründiges Handeln und Gestalten geht, fallen den Moderatoren nur plumpe oder absolut kranke Überleitungen und Kommentare zu den Vorträgen ein. So zerstören sie im Nachhinein oft die schöne Stimmung die ein gelungener Vortragender aufbauen konnte.
Nichtsdestotrotz freue ich mich auf das heutige Schwergewicht Stefan Sagmeister, der in fast einer Stunde, um 11.00 Uhr starten wird. Also dann mal raus aus dem Hostel und auf zur Typo!
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