Gestern Abend fand um 19.00 Uhr im Designforum im Museumsquartier Wien ein Vortrag des bekannten und zahlreich ausgezeichneten Typografen und Grafiker Kurt Weidemann statt. Der Mann, der die Hausschrift von Mercedes-Benz, die Coprporate A.S.E (hier ein interessantes Präsentations-pdf), entworfen, den Auftritt der Deutschen Bahn, von Porsche und vielen anderen Unternehmen geprägt hat, sprach gestern zu einem großen und begeisterten Publikum. Die TGA (Typographische Gesellschaft Austria) veranstaltete dieses Ereignis mit dem Thema Der mühsame Weg vom Konzept bis zur Ausführung. Professor Weidemann nahm dies gleich auf und meinte es solle doch mühselig heißen, denn Mühe könne ja auch selig machen. Mit viel Humor und Elan präsentierte der noch aus der der alten Schule der Typografie stammende Deutsche einige seiner Arbeiten und erzählte unterhaltsame Anekdoten. „Ich hab das Sperren der Versalien damals schon nach einem halben Jahr kapiert, ihr habt es längst vergessen. Bei euch wird das Wort VERLAG zu Verl AG.“ Kein Wunder, dass Herr Weidemann diesen Eindruck von uns hat, man braucht ja nur eine Blick in eine beliebe Zeitschrift zu werfen und sich über den allgemeinen Umgang mit Versalien schlau machen.
Über den damaligen Porscheschriftzug erklärte er, dass er ihn um einiges höher machte, da der alte so aussah „als wäre da ein LKW fünfmal drübergefahren. Eigentlich hab ich’s noch höher gemacht, damit ich mich dann auf die Höhe, die ich wolle runterhandeln lassen konnte.“ Auch die damals unantastbare Hausfarbe von Porsche hat er von einem dunklen Bordeauxrot in ein etwas helles Rot geändert mit der damaligen Begründung vor den Entscheidungsträgern: „Kennen Sie den Unterschied zwischen arteriellem und venösen Blut? Das venöse Blut ist dunkler, fließt langsamer und transportiert all die Schadstoffe ab. Das arterielle Blut ist dagegen heller, fließt schnell und ist sauerstoffreich. Was verkaufen Sie eigentlich, meine Herren?“
Leider verging die dreiviertel Stunde des Vortrags wie im Flug, obwohl ich gerne noch mehr Geschichten aus dem spannenden Leben Kurt Weidemanns gehört hätte. Dass er bereits 83 Jahre alt ist, würde wohl niemand schätzen, wenn man ihn so reden hört. Noch habe ich mir keine seiner Bücher zugelegt, doch demnächst werde ich dies sicher tun. Bis dahin hab ich ja noch Die Neue Typographie von Jan Tschichold, mit dem Weidemann übrigens auch zusammengearbeitet hat. Sonst bin ich bereits auf den nächsten Vortrag im MQ am 22. November 2006 mit Verena Gerlach über das Thema Gestalten von und mit Buchstaben in allen Dimensionen gespannt.
Schreibe einen Kommentar