Neuseeland ist Sehnsuchtsland und im Moment extrem in Mode. Auch mich hat eine unbestimmte Sehnsucht hierher gezogen. Mit dem Campervan sind wir vier Wochen lang durch Nord- und Südinsel gereist. Hier ein paar meiner Beobachtungen über teure Gurken, blutsaugende Monster und die eigene Ungeduld.
Temperatur- und Preisschock
Nach 30 Grad Sommer in Indien war es hart sich an die neuseeländischen 18 bis 24 Grad zu gewöhnen. Besonders im Schatten und Nachts kann es ganz schön frisch sein (beim Mt. Cook fröstelten wir bei 5 Grad). Unter Tags gibt dafür die Sonne so richtig Gas und brennt intensiv herunter, sodass der Sonnenbrand anfangs immer etwas schneller da war, als erwartet. Typischer Tourist-Fail, wie wir dann erfahren haben.
Während also die Temperaturen in Indien höher waren, waren die Preise genau das Gegengeil. Dort bekam man schon um einen Euro ein komplettes Mittagessen. Das haben wir natürlich nicht im Kiwi-Land erwartet. Und dennoch waren wir etwas geschockt als wir feststellten, dass ein Bagle mit Salatganitur im Café gut zehn Euro kosten kann. Oder eine simple Feldgurke auf der Südinsel für € 2,10 zu haben ist. Globalisierungs-Irrsinns-Fun-Fact am Rande: hier gibt es tatsächlich Kiwi Früchte aus Italien zu kaufen. Und sie sind meist günstiger als ihre neuseeländischen Kollegen.
Surreale Schönheit
Neuseeland hat bekannterweise vor allem landschaftlich einiges zu bieten. Fast überall ist es atemberaubend schön. So schön, dass mich immer wieder das Gefühl überkommt ich würde durch eine surreale Fototapete reisen. Wenn ich vor mancher Szenerie stehe ist es so als könnte es mein Hirn schlicht nicht verarbeiten — zu viel Schönheit auf einmal. Der schnelle unangekündigte Wechsel der Landschaft macht das keineswegs leichter. Im einen Moment glaube ich noch im europäischen Vorapenland zu sein, plötzlich belehren mich Vulkangestein, tropisch aussehende Farne und exotischer Vogelgesang eines Besseren. Ich ahne, dass ich bei vielen Fotos im Nachhinein nicht glauben können werde, dass ich das wirklich mit eigene Augen gesehen haben soll.
On the road
Mit dem Camper unterwegs zu sein ist in Neuseeland großartig. Das Land ist mit seinen zahlreichen Campingplätzen und Holliday Parks einfach dafür gemacht. Recht spät erst haben wir die Vorteile der oft malerisch gelegenen staatlichen DOC Campsites entdeckt. Diese sind zwar eher spartanisch ausgestattet doch dafür wird man mit einem schönen, ruhigen Fluss oder See belohnt in dem man auch gleich baden gehen kann. Es ist wundvoll sich in die Natur auf zu machen und unabhängig zu sein.
Einziger Wermutstropfen sind die bei jedem Neuseelandreisenden verhassten Sandflys. Diese harmlos, wie Fruchtfliegen aussehenden Blutsauger machen sich unscheinbar und in Massen an einen heran. Die zahlreichen Stiche erzeugen einen endlosen Juckreiz und wenn man kratz wird es nur schlimmer. Aber zum Glück vergeht auch das nach etwa einer Woche und die Beine sind bereit für neue Stiche.
Die eigene Ungeduld besiegen
Persönliche Herausforderungen lauern überall. In Indien haben wir das Warten schätzen und lieben gelernt, doch dort hatten wir mit Bus und Bahn auch keine andere Wahl und keinen unmittelbaren Einfluss auf das Vorankommen. Hier ist es mit dem Camper nochmal herausfordernder einen Gang zurück zu schalten um nicht rastlos von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu eilen.
Es hat eine Zeit gedauert, doch nach etwa zwei Wochen hatten wir ab der Südinsel den Dreh raus. Es wurde immer einfacher und entspannter. Lieber etwas weniger sehen und dafür das Gesehene intensiver wahrnehmen. Noch eine Wanderung oder einen Spaziergang machen oder einfach irgendwo bleiben und einen Kaffee trinken. Aber auch mal sagen können, dass man absolut keine Lust auf etwas hat und doch weiterfahren. So macht es Spaß zu reisen.
Neuseeland wird mir fehlen. Es war wie in Indien eine ganz besondere Zeit hier. Vor allem die vielen Wanderungen, unglaublichen Ausblicke und das Gefühl ungebunden unterwegs zu sein werde ich vermissen. Wir haben viel gesehen, aber (natürlich) nicht alles (wenn man das überhaupt kann). Und so freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen, obwohl ich gerade noch gar nicht weg bin.
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