Verena Gerlach in Wien

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Wie letzten Monat mit Kurt Weidemann fand auch gestern wieder ein Vortrag der Typographsichen Gesellschaft im Desingforum im Museumsquartier statt. Verena Gerlach hat sich in den letzen Jahren als Schriftentwerferin und Grafikdesignerin in ihrer geliebten Heimatstadt Berlin profiliert. Der Vortrag war ungemein inspirierend, da es einfach schön anzusehen war, mit welchem Interesse und welcher Leidenschaft Frau Gerlach ihre Umwelt wahrnimmt und auf diesem Weg zu vielen ihrer entworfenen Schriften gelangt ist.

FF Karbid von Verena Gerlach (Grafik von Verena Gerlach)

Nach dem Mauerfall trieb sie ihre Neugierde nach Ostberlin um dort die vielen alten gemalten Schilder- und Fassadenbeschriftungen zu fotografieren. Fasziniert davon, was alles im Osten noch überlebt hatte, begann sie aus den gesammelten Fragmenten langsam eine Schrift zusammenzusetzen und zu digitalisieren. Daraus wurde die Textschrift FF Karbid und die plakative FF Karbid Display.

FF City Street Types von Verena Gerlach

Da man nach der Wiedervereinigung sehr darauf erpicht war alles Unterschiedliche zu beseitigen, machte sich Verena Gerlach auf um „zu suchen, zu finden und zu retten“, wie sie es nennt. Auch die beiden Straßenschildertypen der einst geteilten Hauptstadt sollten in ihrer Verschiedenheit nicht in Vergessenheit geraten. Setze man damals im Westen hochwertige Emailschilder ein, so musste der Osten aus Kostengründen darauf verzichten und nahm einfach doppelschichtiges Plasikt, dass außen weiß und innen schwarz war. Die Buchstaben wurden mit einer CNC-Fräse herausgeschnitten, waren demnach sehr konstruiert und mit einheitlicher Strichstärke. Die beiden Schriften wurden von Verena Gerlach ebenfalls digitalisierte und zur FF City Street Type in der es eine City Streets Berlin West und City Streets Berlin East gibt. Mit Bedauern stellte sie aber fest, dass es heute ein absolutes Durcheinander an Straßenbeschilderung gibt in der auch eine Art Frutiger-Adaption verwendet wird. Wer dafür verantwortlich ist, habe sie aber noch nicht herausfinden können.

PTL Tephe von Verena Gerlach (Grafik von Verena Gerlach)

Eine weitere unglaublich interessante Schrift schuf die entdeckungsfreudige Designerin mit der PTL Tephe. Besonderes Merkmal ist die durchlaufende Linie unter den Buchstaben. Als Verena Gerlach und viele andere Menschen im Kreativgewerbe die Möglichkeit wahrnahmen sich vorübergehend günstig in einem alten DDR-Bürohaus einzumieten, entdeckte sie handgeschnittene Plastik-Steckbuchstaben die für eine Mieterindextafel im Eingangsbereich gemacht waren. Diese Buchstaben hatten eine glatte Linie unterhalb damit sie in die Tafel gesteckt werden konnten. Verena Gerlach fand das so faszinierend, dass sie sie einfach dazunahm. Schließlich wurde die Tephe auch Hausschrift des gemeinsamen Büros unter dem Namen HdL (Haus des Lehrers). Diesen Sommer wurden auf Anfrage eines schweizer Museums auch Kleinbuchstaben für die Schrift entwickelt.

Natürlich hat die engagierte Typografin noch weitere Schriften geschaffen, zeigte aber auch einige ihrer grafischen Arbeiten und erzählte von „ihrer dunklen Seite“, wie sie ihrer Liebe für „Trash“ nennt, da sie als Artdirector eines Musikvideos der No Angels und von Vany mitarbeitete.

Mit beinahe zwei Stunden war dieser Vortrag wohl der längste, den es bisher von der Typographischen Gesellschaft gab, dafür war er aber bis zur letzen Minute interessant und wirklich motivierend. Ein schlimmer Verlust also an alle die nicht dabeigewesen sind. Zum Trost gibt es 13. Dezember ja noch Jan Middendorp zu sehen

* die verwendeten Grafiken in diesem Artikel stammen von Verena Gerlach.


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